Kosmische Erziehung
Kosmische Erziehung ist das Erziehungskonzept Montessoris für die Kinder in der zweiten Entwicklungsstufe (6-12 jährigen). Sie gehört zu dem Spätwerk Montessoris. Die entwicklungspsychologischen Grundlagen sind in dem Schaubild hier als pdf-Datei ersichtlich.
Bezugspunkt ist der Begriff KOSMOS in seiner originären Bedeutung. Im Griechischen bezeichnet der Begriff Kosmos die Welt als geordnetes Ganzes. Im Oxford English Dictionary finden wir die Umschreibung: The world as an ordered and harmonious system, the opposit of chaos.

Montessori:
  • "Das Universum ist eine eindrucksvolle Wirklichkeit. Sie ist Antwort auf alle Fragen."
  • "Dem Kind die ganze Welt geben."
  • Der Mensch hat einen Sonderstatus in der Evolution. Nur er besitzt die Intelligenz zur Bearbeitung/Umwandlung der Natur in Kultur (griechisch: kollere: anbauen, pflegen, bearbeitete Natur) bzw. Supra-Natur.
Bei Kosmischer Erziehung geht es also darum, dem Kind durch ein sich ständig erweiterndes Wissen und handlungsorientierte Erfahrungen in den Bereichen Natur und Kultur die bestehende kosmische Ordnung und die Zusammenhänge der Dinge untereinander sichtbar zu machen und in ein immer größeres Umfeld einzuordnen (Wechselbeziehung aller Dinge  Funktionszusammenhänge von vernetzten Systemen).
Maria Montessori verwendete in diesem Zusammenhang die Begriffe kosmische Aufgabe und kosmische Erziehung.

Dabei macht sie drei Aspekte der Kosmischen Erziehung deutlich:
ökologischer Aspekt gesellschaftlich-moralischer Aspekt wissenschaftlicher Aspekt
Erhaltung eines beweglichen, sich verändernden, fragilen Gleichgewichts (kosmische Aufgabe) Verantwortung des Einzelnen für die Belange seiner Gesellschaft und Kultur und für ein friedliches Zusammenleben (kosmische Aufgabe) "Keim für die Wissenschaft legen" (auf der Basis der Evolutionstheoerie)


Das Hauptlernwerkzeug ist dabei die Imagination/Vorstellungskraft. Sie ist der kraftvolle Drang des Menschen, neue Ideen zu kreieren. Es ist der Teil des Menschen, der uns nach Montessori zum unvergleichlichen Produkt der Natur macht.

Die Imagination ist die treibende Kraft beim Lernen der Kinder. Sie sorgt dafür, dass Kinder mit Enthusiasmus und Ausdauer an für sie spannenden Themen arbeiten.
"The mind bases itself on the imagination, which brings things to a higher level, that of abstraction. But the imagination has need of support. It needs to be build, organised." (M. Montessori, From Childhood to Adolescence, 1973)
Die Aufgabe des Lehrers besteht darin, durch eine doppelte vorbereitete Umgebung (im Klassenraum und going-out Routinen) dem Kind ausgehend von konkreten Dingen oder Modellen (dem Ganzen), komplexe Klassifikationsschemata und Arbeitsstrukturen in Form von Schlüsselmaterialien anzubieten, die es ihm ermöglichen, das Ganze im Detail zu studieren und zu analysieren (Isolation und Reduktion) und seine Erkenntnisse wieder in den Zusammenhang einzuordnen, d.h. auf das Ganze rückzubeziehen (Vorstellung, Imagination).

"Je mehr ich von etwas weiß, desto mehr sehe ich" (Nico van Ewijk).

Die Montessori Pädagogik ist aktueller denn je. Mit modernen Termini ausgedrückt, lassen sich Montessoris Zielvorstellungen so beschreiben:
  • Abbau der Lehreraktivität zugunsten der Akzentverlagerung auf Kindorientierung;
  • Sorge für ein gutes Schulklima und eine angenehme Klassenraumatmosphäre;
  • eigenaktives Lernen auf den Grundlagen von Wissenschafts- und Handlungsorientierung und daraus aufbauende Erfahrung;
  • Interdisziplinarität: Verknüpfung von Themen aus natur- und sozialwissenschaftlichen Bereichen, Herstellung von Querverbindungen zwischen allen Fächern, Erfahrungsbezug, exemplarischer Charakter der Themen;
  • Rücksicht auf individuelles Lerntempo;
  • intrinsische Motivation durch freie Wahl der Arbeit;
  • Vermittlung von Arbeitsstrukturen (Lernen lernen) (vgl. WALDSCHMIDT, 2001).